Von unserer Hammelburger Stadtratsfraktion: Antwort auf den Leserbrief „Wann treten Sie zurück, Herr Warmuth?“

(aus der Samstagsausgabe der Saale-Zeitung vom 30.01.2021)

Sehr geehrte Frau Kaup-Clement,
 
wenn man selbst keine Entscheidungen treffen muss, dann ist es ganz leicht über die Politik der anderen zu urteilen. Man muss nichts weiter tun, als seine Sichtweise zur einzig richtigen zu erklären und darf den Blick einfach nicht über den Tellerrand schweifen lassen. Dann kann man sogar - wie Sie in ihrem Leserbrief - den Bürgermeister dazu auffordern zurück zu treten.

Den meisten Menschen gelingt es aber im Lauf ihres Lebens zu erkennen, dass es unterschiedliche Meinungen und Interessen gibt. Und als Mandatsträger muss man diese vielen Sichtweisen aufnehmen, akzeptieren und Mittelwege finden. Weil es nämlich noch mehr Menschen gibt als Sie.

Dennoch haben Sie in einem Punkt recht: Im Bürgerspital gibt es immer noch keine eigenen Toiletten für jedes Bewohnerzimmer, während die Stadt beispielsweise ein Bürgerhaus für viel Geld geplant hat. Sie leiten daraus ab, dass die Verantwortlichen die Bewohner "in die Windel drängen" und "Wundliegen lassen". So argumentiert man aber nur, wenn man maximale Vorwürfe erheben will. Aber richtig wird es deshalb nicht.

Genauso wenig haben die Richter ihre Entscheidung mit diesen Argumenten begründet. Sie behaupten das einfach: Dabei waren Sie weder bei der Verhandlung anwesend, noch existiert ein schriftliches Urteil, das sie gelesen haben könnten. Hier werden mit ausgedachten Aussagen die Leser getäuscht und die Hammelburger gegen Pflegekräfte und Kommunalpolitik aufgehetzt.

Alle Pflegekräfte müssen gerade unglaubliches leisten und werden bis an ihre Grenzen gefordert. Ihnen versteckt zu unterstellen, sie würden sich daran beteiligen, Inkontinenzmaterial anzulegen, anstatt zur Toilette zu begleiten, ist eine Unverschämtheit, die jede Motivation für die Arbeit rauben kann.
Alle Bewohner des Bürgerspitals haben sich bewusst für diese Einrichtung entschieden, obwohl es dort noch nie Toiletten auf den Zimmern gab. Vielleicht ist ihnen die Teilhabe am innerstädtischen Leben oder das Miteinander im Haus wichtiger als der maximale Komfort. Es ist anmaßend, den Bewohnern erklären zu wollen, was besser für sie wäre. Niemand verwendet Inkontinenzmaterial, weil es keine Toiletten im eigenen Zimmer gäbe, sondern, weil es manchmal notwendig geworden ist.

Außerdem sind der Finanzhaushalt der Stadt und der des Bürgerspitals zwei völlig verschiedene. Sanierungen erhöhen folglich die Heimkosten, denn diese müssen mit eingepreist werden. Man darf zu Recht bezweifeln, dass jeder bereit ist mehr für seine Unterkunft zu bezahlen, nur um eine Nasszelle zu haben, die er gar nicht bestellt hat oder aus bestimmten Gründen nicht benötigt.

Wenn wir die Finanzierung aus städtischen Mitteln bestreiten würden (und könnten), dann würden sie zweifelsohne an anderer Stelle fehlen. Sie sagen sich vielleicht: "Dann baut halt kein Bürgerhaus oder saniert nicht die Bahnhofstraße." Aber damit vertreten Sie nicht die Sicht aller Menschen in Hammelburg und den Stadtteilen.

Wir erleben derzeit sowieso schon einen Generationenkonflikt. Unsere Jugend ahnt, dass wir ihr eine desolate Welt hinterlassen (deren Ressourcen zu schnell ausgeschöpft werden, deren Klima einen Wandel vollzieht, ...). Wir leben in einer Zeit, in der junge Menschen empfinden, dass sie zum Schutz der älteren Generation viele Opfer vollbringen müssen. Das ist sicher richtig, aber es erzeugt auch Wut und Enttäuschung. Junge Menschen fühlen sich gerade übersehen.

Und dieser jungen Generation muss sich unsere Politik auch verpflichtet fühlen. Auch wenn es uns wichtig erscheint, so kann nicht ausschließlich alles nach dem maximalen Wohl der älteren Generation gehen. Noch dazu, wo diese ältere Generation den Wunsch nach beispielsweise Nasszellen überhaupt nicht formuliert hat.

Deshalb ist es richtig, wenn Ausgaben für das Bürgerspital auch weitgehend aus dem Haushalt desselben verwendet werden. Und eben nicht aus städtischen Mitteln. Und es ist genauso richtig, wenn der Bürgermeister und alle Stadtratskollegen viele Sichtweisen aufgreifen und diese auch differenziert vertreten. Das führt nie zur vollkommenen Zufriedenheit aller Hammelburger, aber dafür zu einem fairen Miteinander.

Schade, dass Sie das bisher nie verstanden haben.


Elisabeth Assmann (Grüne), Patrick Bindrum (CSU), Emma Bindrum (generation z), Gabi Ebert (FWS), Arnold Eiben (CSU), Christian Fenn (Junge Liste), Detlef Heim (CSU), Monika Horcher (Grüne), Bernd Hüfner (CSU), Gudrun Kleinhenz (CSU), Tobias Knüttel (CSU), Albrecht Leurer (CSU), Maria Pfaff (Junge Liste), Yannik Pfriem (FWS), Florian Röthlein (Grüne), Martin Wende (CSU)

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